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Zutritt verboten!!!

Was ist hier los?

 

„Zutritt für Erwachsene und Kleinkinder VERBOTEN!“

 

Es prankt auf einem A4-Blatt quer mit Klebestreifen an der Tür des Kinderzimmers. Das Wort „VERBOTEN“ ist mit einem dicken roten Edding geschrieben.

 

Das „Erwachsene“ gilt ihnen als Eltern, das „Kleinkinder“ jüngeren Geschwistern. Übrigens hat das rote runde Verkehrszeichen mit weißem Querbalken an der Zimmertür die gleiche Bedeutung: Zutritt VERBOTEN!

 

Warum, fragen sie sich? Geschieht da möglicherweise verbotenes… Schnell sollten sie ihre Fantasie zügeln.

 

Ihr Kind testet, ob sie die von ihm gesetzte Grenze anerkennen.

Bisher haben sie dem Kind Grenzen gesetzt! Wenn es dies nicht akzeptierte, dann musste es mit ihrem Unmut oder gar Liebesentzug rechnen.

 

Jetzt sollten sie damit rechnen, dass sie bei unerlaubter Grenzüberschreitung gleiches ereilen könnte und genau ihre Reaktion bedenken.

 

Da gibt es nur eins: anklopfen und geduldig auf ein „Herein“ warten.

 

Sollten sie diese Grenzsetzung übersehen haben, dann könnte ihnen ein „Hast du das Schild nicht gesehen?“ entgegen fauchen.

Sofort sollten sie sich entschuldigen, das Zimmer verlassen und kräftig durchatmen.

 

Ignorieren der Grenze oder eine Entgegnung wie „Was soll der Quatsch!“ zeigt ihrem Kind an, dass sie es nicht akzeptieren.

Das gilt auch, wenn ihre Tochter oder ihr Sohn ihre Grenzüberschreitung unkommentiert lässt und so tut, als ob es nicht bemerkt wurde.

 

Seien sie versichert, es wird alles bemerkt und registriert!

 

Künftig sollten sie, wenn die Tür geschlossen ist, immer anklopfen und geduldig auf die Einlassgenehmigung warten.

Dabei müssen sie auch in Kauf nehmen, dass der Filius sich eventuell einen Spaß draus macht, sie warten lässt oder gar so tut, als ob er nichts gehört hätte.

 

Zugegebenermaßen ist das für sie eine dämliche Situation.

Aber nach dem dritten Anklopfen sollten sie geräuschvoll von der Tür weggehen.

 

In neun von zehn Fällen wird sich fünf Minuten später die Tür von innen öffnen und sie werden mit großen Augen gefragt „Hattest du geklopft? Ich hatte geschlafen...“

 

Fehlte ihnen ein wirklicher Grund, dann sollten sie die Chance nutzen, um ihrem Kind ihre Zuneigung zu zeigen. Sie könnten sagen: „Ich wollte dich nur sehen!“

 

Selbstverständlich machen sie sich Sorgen wenn die Tür geschlossen bleibt. Deshalb sollten sie nach fünf Minuten erneut anklopfen. Bleibt dies wieder erfolglos, dann klopfen sie nach weiteren fünf Minuten und warten erneut.

 

Jetzt endlich müsste eine Reaktion ihres Kindes erfolgen.

Geschieht dies nicht, dann öffnen sie leise die Tür und schauen nach, was mit ihrem Kind ist.

 

Entweder schläft es wirklich – oder tut so. Wortlos verlassen sie wieder den Raum.

 

Sollten sie aber feststellen, dass der Nachwuchs ihr klopfen bewusst ignoriert hatte, dann müssen sie ihrem Kind erklären, dass sie die geschlossene Tür zwar akzeptieren wollen, sie aber aus Sorge hereingeschaut haben und das auch künftig tun werden. Es sei also besser zu reagieren.

 

Auch wenn es sie verletzen sollte, das Kind muss auf ihr Klopfen auch mit „jetzt nicht!“ reagieren dürfen.

 

In solchem Fall ist es nicht ratsam erneut zu klopfen – es sei denn, es gibt etwas wirklich Wichtiges – schätzen sie genau ab, ob es nur für sie wichtig, aber für ihr Kind möglicherweise absolut unbedeutend ist und ob es gerade jetzt sein muss.

 

Außerdem wird sich wenig später ihr Kind sowieso erkundigen, was es denn gab. Vertrauen sie der Neugier ihres Kindes.

 

Welchen Grund kann es geben, dass Tochter oder Sohn die Tür abschließt?

Kurz und knapp: Keinen – es sei denn, das ältere Kind wurde mit Fehlverhalten anderer Familienmitglieder konfrontiert.

 

Das jüngere Kind kann man meist sehr schnell – beim älteren wird die Überzeugung wohl etwas länger dauern – mit dem Hinweis „wenn mal was passieren sollte“ überzeugen nicht abzuschließen und bald wird sich niemand erinnern, dass es zur Tür einmal einen Schlüssel gab.

 

In diesem Zusammenhang ist es sehr wichtig, dass das Kind sich nie hintergangen fühlt, zum Beispiel während seiner Abwesenheit im Zimmer herumgewühlt wird – der Vorwand des Aufräumens ist leicht zu durchschauen.

 

Dagegen zeugt es von großem Vertrauen, wenn Briefe oder Zettelchen offen herumliegen. Dieses Vertrauen sie sollten nicht unüberlegt beschädigen.

 

Wenn sie sich schon nicht zurückhalten konnten und den Fehler begingen, einen solchen Brief zu lesen, dann sind sie gut beraten, ihn sorgsam an die gleiche Stelle zurück zulegen und schon gar nicht irgendwie durchblicken lassen, dass sie vom Inhalt etwas wissen.

Auf gar keinen Fallen dürfen sie geschlossene Briefe öffnen!

 

So bald einmal Misstrauen gesät ist entwickeln selbst Zwölfjährige höchste Findigkeit und überführen sie des Vertrauensbruchs.

 

‚Aber da wurde doch gerade eine Klassenarbeit zurückgegeben! Ich muss doch mal in der Schultasche der Tochter nachschauen wie sie ausgefallen ist.’ Finger weg von der Tasche, wenn die dreizehnjährige Tochter nicht dabei ist!

 

Wenn sie ehrlich sind, dann geht es ihnen doch gar nicht um das Ergebnis der Mathearbeit; das könnten sie bei der Tochter erfragen.

Ohne zu wissen was, suchen sie etwas anderes!

 

Finden sie dann wirklich zum Beispiel einen schwärmerischen Liebesbrief eines fünfzehnjährigen Jungen, der die tollen Brüste der Tochter und ihre erregende Wirkung auf ihn beschreibt, dann stecken sie in einem fürchterlichen Dilemma.

 

Zwar erinnern sie sich noch verschwommen an eigene Erlebnisse in dem Alter, doch nun schrillen alle Alarmglocken! Schlicht spielt ihnen die Fantasie einen Streich.

 

Besteht ein Vertrauensverhältnis, dann erreichen sie die Signale ihrer Tochter, dass sie hoffnungslos und unsterblich verliebt ist, ohne dass sie in ihren Sachen gewühlt hätten.

 

Fehlt dieses Vertrauen, dann haben sie viel zu tun, um es zurückzugewinnen.

 

Das Problem besteht nicht im Verhältnis ihrer Tochter zu dem ihnen bekannten oder unbekannten Romeo.

Es liegt darin, dass ihre Tochter spürt, dass sie zu ihr kein Vertrauen haben.

 

Und hat sie nicht Recht? Haben sie nicht in ihren Sachen gekramt?

Ähnlich verhält es sich im Umgang mit dem Handy. Dazu kommt demnächst ein weiterer Beitrag.

 

Jüngere Kinder wollen oft die Grenze zum Zimmer der älteren Schwester oder des großen Bruders nicht respektieren.

Wenn da die Autorität der Eltern nicht regulierend eingreift, dann kommt es zum Hundundkatzespiel.

 

Beide reizen sich bis zur Weißglut und stören den Familienfrieden erheblich.

 

Wenn sie es erreichen, dass die vom älteren Kind gesetzte Grenze durch das jüngere respektiert wird, dann ist das oft der Beginn einer langanhaltenden Geschwisterliebe.

 

Wenn ihr Kind das Gefühl hat, dass die von ihm vorgenommene Grenzsetzung in der Familie respektiert wird, dann geschieht etwas Eigenartiges:

tagsüber steht die Tür zum Zimmer immer häufiger offen - auch wenn die Schilder noch nicht sofort verschwinden werden.

 

So kann aber Tochter oder Sohn bei Bedarf den Rückzug auf sich selbst mit der geschlossenen Tür anzeigen.

 

Machen sie sich den Spaß und ziehen sie dann die geöffnete Tür zum Kinderzimmer einmal zu.

 

Flugs erscheint der Zimmerbewohner und fragt was los sei?

 

Wenn sie dann noch antworten, dass sie die Unordnung nicht sehen wollen, dann eröffnet das ein weiteres Kapitel unserer Betrachtung.

© Günter David, 28.08.2010

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